belladonna - women in progress

Eine Tanztheater Produktion in sechs Bildern
- zwischen Mutterglück und femme fatale -

1. Bild:
Die Luft ist wie Champagner
Abendkleider: Bea Blell

2. Bild:
Sie sahen Feen vom Meer kommen
Metronome und Seide

3. Bild:
Mit der Zeit gehen mit den Männern Schritt halten
Animierte Computerzeichnungen: Ingo Wirth
Videotechnik: Georg Roether

4. Bild:
Ich habe meinen Körper frei gemacht und das Gefühl ist herrlich
Stummfilm "Sumurun" 1920 Ernst Lubitsch:
Mit freundlicher Genehmigung der Friedrich Wilhelm Murnau - Stiftung, Wisbaden
Videotechnik: Georg Roether

5. Bild:
Leise fleh ich immer wieder
Jonas Film: Bea Blell
Schnitt, Bearbeitung und Videotechnik: Georg Roether

6. Bild:
Vorwärts! bremsendes Luder
Neonkonstruktion Christoph Jenisch
Musik: Leo Ritter und Subhead-006

Belladonna
>die den Lebensfaden abschneidet<
Belladonna ist ein Mittel, auf das der Organismus mit großer Heftigkeit reagiert. Die Leiden bei Belladonna stellen sich plötzlich und mi großer Heftigkeit ein und verschwinden ebenso plötzlich. Belladonna wirkt hauptsächlich auf das gesamte Gefäßsystem, auf das Herz, die Lunge, das Gehirn und das Nervensystem. Wenn wir die Hand auf einen Belladonna-Kranken legen, ziehen wir sie schnell zurück, so intensiv ist die Hitze. Die Empfindung dieser Hitze bleibt in der Hand und in den Fingern eine ganze Weile zurück. Schmerzen, Entzündungen und Leiden, nächtliche Delirien und heftige Anfälle von entzündlichem Charakter sind mit dieser Hitze verbunden. Behalten wir dies gut im Gedächtnis.
Hitze, intensive Hitze, heftige Hitze, Anschwellung, Brennen, Stechen, Klopfen Überall klopft es. Eine Umwälzung geht vor sich hin, ein Erbeben findet statt, alles ist erschüttert, wenn der Patient Belladonna nötig hat. Wo der Kranke auch Schmerzen haben mag, er erduldet nicht, daß man die Schmerzstelle berührt. Das Mittel macht krankhaftes Lachen, lautes, übermäßiges Lachen.
Die Patientin kann das Haar nicht aufstecken. Belladonna-Patientinnen lassen sich oft das Haar nicht kämmen und bürsten. De Arzt, der sich anschickt, diese armen Wesen zu behandeln, der ihre Natur versteht, ihre Art begreift, kann sie von ihren Leiden befreien, wenn er ihr Gesamtwesen berücksichtigt. Gerade der einfache Anfall wird durch Belladonna gemildert. Belladonna wird diesen Zustand heilen.

(Zitiert aus: Prof. Dr. Jans Tyler-Kent, Kents Arzneimittelbilder, Haug Verlag, Heidelberg)

FRITZ Gewiss ist sie lieb!... So Lieb! Und du hast ja gar keine Ahnung, wie ich mich nach so einer Zärtlichkeit ohne Pathos gesehnthabe. Nach so etwas Süßem, Stillen, das mich umschmeichelt, an dem ich mich von den ewigen Aufregungen und Martern erholen kann.
THEODOR Das ist es, ganz richtig! Erholen! Das ist der tiefe Sinn. Zum Erholen sind sie da. Drum bin ich auch immer gegen die sogenannten interessanten Weiber. Die Weiber haben nicht interessant zu sein, sondern angenehm. Du mußt dein glück suchen, wo ich es bisher gesucht und gefunden habe, dort, wo es keine großen Szenen, keine Gefahren, keine tragischen Verwicklungen gibt, wo der Beginn keine besonderen Schwierigkeiten und das Ende keine Qualen hat, wo man lächelnd den ersten Kuss empfängt und mit sehr sanfter Rührung scheidet.
FRITZ Ja, das ist es.
THEODOR Die Weiber sind ja so glücklich in ihrer gesunden Menschlichkeit - was zwingt uns denn, sie um jeden Preis zu Dämonen oder Engeln zu machen?

(Zitiert aus: Arthur Schnitzler, Liebelei, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1977)

Schön, schön bin ich!
Schön, schön bin ich! Schau mich an, Nacht! Berge, schaut mich an! Himmel, schau mich an, wie schön ich bin. Aber ihr seid ja blind. Was habe ich von Euch? Die da unten haben Augen. Soll ich mir die Haare lösen? Nein. Da sähe ich aus wie eine Verrückte. Aber ihr sollt mich nicht für verrückt halten. Nur für schamlos sollt ihr mich halten. Für eine Kanaille. Bin ich wirklich so schön wie im Spiegel? Ach, kommen sie doch näher, schönes Fräulein. Ich will ihre blutroten Lippen küssen. Ich will ihre Brüste an meine Brüste pressen. Wie schade, daß das Glas zwischen uns ist, das kalte Glas. Wie gut würden wir uns miteinander vertragen. Nicht wahr? Wir brauchen gar niemanden anderen. Es gibt vielleicht gar keine anderen Menschen.
Oh, ich bin keineswegs verrückt. Ich bin nur ein wenig erregt. Das ist doch ganz selbstverständlich, bevor man zum zweitenmal auf die Welt kommt. Aber vorläufig habe ich etwas Gescheiteres zu tun, als zu sterben. Warum flüstern sie denn alle? Wie in einem Sterbezimmer. Was ist denn schon wieder? Was geschieht denn da? Ich sehe es mit geschlossenen Augen. Ha! Nein, ich will nicht noch einmal schreien. Sie flüstern. Wer beugt sich über meinen Kopf? Es riecht gut nach Zigaretten. Fort, fort, rührt mich nicht an. Pfui, pfui. Was wollt ihr denn? Lasst mich in Ruhe.
Was hast du mit mir gemacht, Papa? Dreißigtausend Puppen. Da braucht' ich ein eigenes Haus dazu. Aber sie können auch im Garten spazierengehen. Oder auf dem Maskenball mit Rudi. Ich habe ja Angst so allein. Ich werde lieber fliegen. Ich habe ja gewußt, daß ich fliegen kann.
Wo seid ihr denn? Ich höre euch, aber ich sehe euch nicht. Was ist denn das? Ein ganzer Chor? Und Orgel auch? Ich singe mit. Was ist es denn für ein Lied? Alle singen mit. Die Wälder auch und die Berge und die Sterne. Nie habe ich etwas so Schönes gehört. Gib mir die Hand, Papa. Wir fliegen zusammen. So schön ist die Welt, wenn man fliegen kann. Küss' mir doch nicht die Hand. Ich bin ja dein Kind, Papa.

(Auszüge aus: Arthur Schnitzler, Fräulein Else, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 1987)

1 men/schens/kind / wa/rum / glaubst / du / bloß
2 gra/de / dein / schmerz / dein / leid
3 wä/ren / rie/sen/groß?
4 wünsch' / dir / nichts / dum/mes men/schen/kind
5 wün/sche / sind / nur / schön / so/lang
6 sie / un/er/füll/bar / sind
1 wenn / ich / mir / was / wün/schen dürf/te
2 käm / ich / ver/le/gen/heit
3 was / ich / mir / denn / wün/schen / sollte
4 ei/ne / schlim/me / o/der / gu/te / Zeit
5 wenn / ich / mir / was / wün/schen / dürf/te
6 wollt / ich / et/was / glücklich / sein
7 denn / wenn / ich / gar / zu glück/lich / wär'
8 hätt / ich / Heim/weh / nach / dem / traurig /sein

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